Über das Museum
Abenteuer Welthandel
Im historischen Globus werden auf fünf versetzten Ebenen Beginn und der Blütezeit des 2000jährigen Indienhandels dokumentiert. Schrift- und Bilddokumente erzählen vom Einstieg der schwäbischen Kaufleute im frühen 16. Jahrhundert in den Indienhandel und davon, wie der Handel global wurde und wie Zeugnisse der Kaufleute das Image der neu entdeckten Teile der Erde durch Briefe und Bilder mitgeprägt haben.
Die Augsburger und Nürnberger Handelshäuser hatten außerhalb Europas Niederlassungen in den heutigen Staaten Chile, Peru, Bolivien, Venezuela, Kolumbien, Panama, Honduras, Nicaragua, Mexiko, Kuba, Puerto Rico, Haiti, an der Ostküste Nordamerika, an der West- und Ostküste Afrikas, an den Küsten Indiens, in Malaysia und in der indonesischen Inselwelt.
Augsburger Handelshäuser haben im 16. Jahrhundert über die Cargo-Transporte auf portugiesischen Schiffen hinaus mehr als 300 Handelsschiffe über das Mittelmeer, den Atlantik, den Pazifik und den Indischen Ozean geschickt haben. So sind erstmals im Frachtraum nachgebildete Handelswaren eines portugiesischen Indienseglers von 1533 ausgestellt, der im April 2008 an der namibischen Küste im Diamantensperrgebiet gefunden worden sind.

Das Museumsgebäude
Der größte historische Globus der Welt ist eine Hommage an den von Augsburg und seinem Umland ausgehenden Welthandel im 16. Jahrhundert, eine Erinnerung an fünfhundertjährige Handelsbeziehungen nach Indien und ein Baudenkmal für die Weltoffenheit und die kaufmännische Weitsicht der Kaufleute, die im 16. Jahrhundert von hier aus den friedlichen Handel mit Ländern an den Küsten beiderseits des Atlantiks, des Indischen Ozeans und des neu entdeckten Pazifiks suchten.
Die Holzkonstruktion dieses Gebäudes ist eine neuartige innovative Form des Membranbaus. Das Grundgerüst bildet eine auf einem Stahlskelett errichtete Knoten-Stab-Konstruktion und die Dachhaut besteht aus einer zweilagigen Membran mit luftgestütztem Zwischenraum, der ein angenehmes Raumklima bewirkt, insgesamt eine architektonische Weltneuheit, das die aufgedruckte erste komplette Welthandelskarte – ein Meisterwerk der Weltgeographie – zum Kunstwerk krönt.
Ein Aufdruck in dieser Größe – auf einer Fläche von 452 m2 – war bislang nie versucht worden. Durch die 260fache Kartenvergrößerung wurden auch Details sichtbar, die auf dem Kartenoriginal dem Auge verborgen bleiben. Alleine die Betrachtung dieser Karte ist einen Besuch wert.
Auszeichnungen
Der von der Augusta Bank eG Raiffeisen-Volksbank seit dem Jahr 2008 gestiftete Mercateumspreis wird an eine Person überreicht, die sich in besonderer Weise der praxisorientierten Forschung auf den Spuren des historischen interkontinentalen Handels, der Untersuchung von See- oder Land-Fernverbindungen gewidmet hat. Durch den Preis werden Ideen, Mut in der Umsetzung, und der herausragende persönlichen Einsatz auf dem Forschungsgebiet gewürdigt – in Projekten, die traditionelle Institutionen für nicht realisierbar halten.
Der „Diego Ribero Globus von 1529“ ist das Symbol dieses öffentlichen Ehrenpreises, dessen Wert in der Verleihung und in dem handgefertigten Globus liegt: einem in der Herstellung sehr wertvollen Unikat – dem Abbild des Mercateums. Die 40 cm hohe Kugel besteht aus mundgeblasenem Kristallglas, belegt mit der dreidimensional hochgerechneten Diego Ribero Karte von 1529, auf einer Holzschale liegend. Auf der Schale ist die spanische Widmung in der Karte in deutscher Übersetzung wiedergegeben: „enthält alles das, was von der Welt entdeckt ist bis heute, gezeichnet von Diego Ribero Kosmograph für seine Majestät im Jahre des Herrn 1529“ und die Widmung für den Preisträger.


Der Standort
Das Mercateum steht an historischer Stelle: dort, wo über die jahrtausendealte Verkehrsader über die Alpen nach Straße von Güter aus Ostindien wie Westindien aus dem Mittelmeerraum in das Herz Europas gelangten.
Als die ersten Handelsgüter aus Indien – allem voran Pfeffer – vor nahezu 2000 Jahren über die damals nagelneue Fernstraßenverbindung Via Claudia Augusta dass Lechfeld transportiert wurden, war die Welt beileibe keine Scheibe mehr. Ein unbestrittenes Zeugnis darüber legt die römische Straßenkarte ab, in der das Lechfeld in ein eurasisches Fernhandelsnetz eingebunden ist, dass die Atlantikküste mit dem Golf von Bengalen verbindet. Von Konstantinopel führt der Weg nach England unweigerlich über die heutige Königsbrunner Flur – ebenso die kürzeste Verbindung von Rom in die germanischen Provinzen.
Nach dem Zusammenbruch des Römischen Reiches wurden bereits ab dem frühen Mittelalter Pfeffer und andere Orientwaren wieder über die alte Römerstraße transportiert. Dann belebt der aufblühende Handel mit Venedig zunehmend den Straßenverkehr über das Lechfeld. Die einstige Römerstraße steigt nun zur Straße nach Italien auf. In der Verlängerung führt sie nun von Jütland in Dänemark in den norditalienischen Wirtschaftsraum Genua – Mailand – Verona – Venedig und wird im 15. Jahrhundert zur verkehrsreichsten Wirtschaftsader Europas – spätestens, nachdem der Brennerpass für große Fuhrwerke ausgebaut worden ist. Das zeigt auch das Faksimile einer 2008 im Privatbesitz entdeckten historischen Kopie der ersten Handelskarte des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation von 1501.
Als dann im 16. Jahrhundert Augsburger und Nürnberger Kaufleute eigene Handelsflotten ausrüsten, und „Zimt, Gewürznelken, Pfeffer, Ingwer, Muskatnuß, Moschus, Benzoeharz, Weihrauch, alle Arten von Spezereien und Wohlgerüchen, Edelsteinen, Perlen und vieles andere Wertvolle“ von der Indischen Westküste nach Cadiz, Sevilla und Lissabon gelangen, schmälert das den Verkehrsfluss über das Lechfeld nicht. Denn die Nachfrage nach Orientwaren steigt und Venedig und Genua werden wieder attraktiver für den Transithandel. Und so gelangen über die heutige Königsbrunner Flur Waren aus Amerika, Afrika und Asien, die von schwäbischen und fränkischen Kaufleuten von den Märkten der global gewordenen Welt nach Europa gesandt worden sind.
Die doppelte Geburt des Mercateum
2004-2005 entstand, finanziert von der Bayerischen Staatskanzlei und der Stadt Königsbrunn, das von Dr. Dr. Knabe konzipierte Fernhandelsmuseum zunächst als mobiles Gebäude gegenüber der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Am 10. Oktober 2005 wurde der Historische Globus nach einem Festakt in der Staatskanzlei anlässlich der 500jährigen deutsch-indischen Handelsbeziehungen vom Bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Edmund Stoiber, dem indischen Generalkonsul J.S. Mukul und dem indischen Staatsminister für Handel und Industrie E.V.K.S. Elagovan eingeweiht.

Die Grundlage der Ausstellung
1985, anlässlich der 2000-Jahr-Feier der Stadt Augsburg wurde von dem Handelshistoriker Professor Dr. Kellenbenz, dem Kulturwissenschaftler Dr. Dr. Wolfgang Knabe und dem Zoologen Dr. Michael Gorgas die Idee geboren, den Spuren der Augsburger Handelshäuser im 16. Jahrhundert zu folgen, die Entdeckungsfahrten mitfinanziert und Kaufleute an die entdeckten Küsten geschickt hatten, um dort neue Handelsmärkte zu erschließen.
Um historischen Küstenrouten auf authentischem Kurs folgen zu können, mit dem gleichen Beförderungsmittel ‚Schiff‘ aus dem gleichen Blickwinkel historische Berichte zu erleben, vor Ort – auf teils heute unbewohnten Inseln oder in verlandeten Buchten – die wissenschaftliche Spurensuche aufzunehmen, wurde 1987 von dem Kulturwissenschaftler Dr. Dr. Wolfgang Knabe eine Forschungsgruppe ins Leben gerufen. Er baute ein kleines Schiff, das 1990 vom Oberbürgermeister der Stadt Augsburg auf den Namen Mercator getauft und als kleinstes deutsches Forschungsschiff in das Hamburger Seeschiffahrts-Register eingetragen wurde.
Bis heute ist die Mercator über 20.000 Seemeilen auf den Spuren des Augsburger Handels unterwegs – im Indischen Ozean, im Atlantik und der Labradorsee- sowie zuletzt im Pazifischen Ozean. Aus den Ergebnissen und Erlebnissen dieser Expeditionen schöpft das Mercateum mit seiner Ausstellung, das das Abenteuer Welthandel zeigt.
Die Weltkarte von 1529
Dem Aufdruck der Außenhülle liegt ein Pergament in der Größe von 2045 x 850 mm zugrunde. Es wurde im März 2005 einmalig von der Vatikanischen Bibliothek zur Verfügung gestellt. Diese Portolankarte „enthält alles das, was von der Welt entdeckt ist bis heute, gezeichnet von Diego Ribero, Kosmograph für seine Majestät (Karl V.) im Jahre cc 1529.
Tausende Informationen in Namen und Bildelementen können den wissbegierigen Betrachter lange vor diesem Globus fesseln. Die sensationelle Genauigkeit dieser Karte verblüfft: Die Abstände zwischen Äquator, den Wendekreisen und den Polkreisen entsprechen der modernen Kartografie, ebenso sind neben den Breitengrad-Einteilungen schon die Längengrad-Punkte am Äquator markiert.
Es gibt vieles hierin wiederzuentdecken: Fragmente von Küstenlinien, von deren Landmasse man noch keine Vorstellung hatte, tausende Tauschhandelsplätze, Marktorte, Einblicke in die fremde Tierwelt. Das Ribero‘sche Meisterwerk der Weltgeografie macht auch nachdenklich: Es erinnert an jene unzähligen Schicksale von Seeleuten, deren menschliche Einzelleistungen aufaddiert zur ersten wirklichkeitsgetreuen Gesamtansicht der neuzeitlichen Welt geführt haben.

